Anna Boghiguian erhält den Wolfgang-Hahn-Preis 2024
Anna Boghiguian (geb. 1946 in Kairo) wird mit dem 30. Wolfgang-Hahn-Preis der Gesellschaft für Moderne Kunst am Museum Ludwig ausgezeichnet. Die Preisverleihung findet im November 2024 während der Art Cologne 2024 statt.
Die ägyptisch-kanadische Künstlerin armenischer Herkunft zählt seit ihren Teilnahmen an den Biennalen von Istanbul 2009 und Sharjah 2011 und an der dOCUMENTA 13 in 2012 zu einer der spannendsten Positionen der Gegenwartskunst. Bekannt ist sie für ihre figurativen Wandmalereien, (Notiz-)Bücher, Zeichnungen, Gemälde, Fotografien und Skulpturen und auch für einige spektakuläre großformatige Installationen. Boghiguians Arbeiten entstehen oft spontan und häufig vor Ort. Sie gilt als einfühlsame Beobachterin des menschlichen Daseins und vermittelt eine Interpretation des zeitgenössischen Lebens, in der sie inhaltlich äußerst klug zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Dichtung und Politik, Geschichte und Literatur oszilliert. Ihre Kunstwerke feiern eine global vereinte Menschheit und nehmen die Nachwirkungen von Geschichtsverläufen und ihren Konflikten in den Blick, um über eine künstlerische Aufarbeitung Optionen für die Zukunft aufzuzeigen.
Ihre Werke, in denen sie verbale und visuelle Darstellungsformen miteinander verknüpft, wirken unmittelbar und emotional. Thematisch verbinden sie das fundierte historische Wissen der Künstlerin mit ihrem Gespür für aktuelle Debatten, wenngleich sie in ihrer Ausführung wie ein Gegenpol zur Optik einer technisierten digitalen Welt wirken. Boghiguians einzigartige künstlerische Position in Ausdruck und Emotionalität hat in Deutschland noch nicht die Beachtung erfahren, die ihre authentische Expressivität verdient.
Carolyn Christov-Bakargiev, Gastjurorin, erläutert zur Nominierung von Anna Boghiguian: „Die Poesie und Einzigartigkeit ihres Werkes sowie ihre Direktheit und Expressivität passen ideal zur Sammlung des Museum Ludwig mit ihren starken expressionistischen Positionen. Anna Boghiguian ist erst in den letzten zehn Jahren international bekannt geworden, so dass dieser Preis nicht für ein Lebenswerk, sondern für eine hochaktuelle Künstlerin vergeben wird. Sie ist ganz und gar zeitgenössisch in ihren Themen und in den Verbindungen, die sie durch ihre Lektüren, Reisen und Internetrecherchen zwischen historischen Geschichten und politischen und ästhetischen Diskussionen unserer gegenwärtigen Welt zieht.“
„Es freut mich ganz außerordentlich, dass Anna Boghiguian den Wolfgang-Hahn-Preis 2024 erhält. Mit ihr wird eine Künstlerin gewürdigt, deren Werk gleichermaßen politisch und poetisch ist. Darüber hinaus lassen sich in ihren figurativen Installationen vielfältige Beziehungen zur Malerei des 20 Jahrhunderts im Museum Ludwig herstellen. Sollte sie ihrer grundsätzlichen künstlerischen Praxis folgend für das Museum eine neue Arbeit anfertigen, wäre dies außerordentlich erfreulich und aufregend,“ erklärt Yilmaz Dziewior, Direktor des Museum Ludwig.
Mayen Beckmann, Vorstandsvorsitzende der Gesellschaft für Moderne Kunst, ergänzt: „Anna Boghiguian ist eine Künstlerin, die in großer Frische und Internationalität Bilder findet, die auf unsere heutigen Probleme und Ereignisse reagieren und das menschliche Sein auf der Grundlage präziser historischer Kenntnisse reflektieren. Wie eine Nomadin zieht sie von Ausstellung zu Biennale und nutzt bescheidenste, oft vor Ort gefundene Materialien, um in verschiedenen Medien ihre Ideen sichtbar zu machen. So entstehen lebendigste Zeichnungen und raumgreifende, textunterlegte Installationen. In diesen zeigt sie ihre Anliegen auf, die letztlich unser Aller Anliegen und Bedingtheiten in fast schamanischer Weise sichtbar machen.“
Die Tochter eines armenischen Uhrmachers studierte in den 1960er Jahren Politikwissenschaft und Wirtschaftswissenschaft an der Amerikanischen Universität in Kairo. In den frühen 1970er Jahren zog Anna Boghiguian nach Kanada und studierte Kunst und Musik in Montreal. Sie ist ihr ganzes Leben lang gereist und pflegt eine kosmopolitische Kultur. Boghiguian hat ihr Atelier und ihren Wohnsitz in Kairo, lebt und arbeitet aber auch in Europa, Asien, Afrika und Amerika. 2003 nahm sie an der Wanderausstellung “Contemporary Arab Representation” teil und an der 11. und 14. Istanbul Biennale in 2009 and 2015, an der Sao Paulo Biennale in 2014 und in 2023 und sie hatte u.a. Einzelausstellungen im Castello di Rivoli in Turin, im Kunsthaus Bregenz, 2021-2022 im Museum für Gegenwartskunst Siegen und im SMAK in Gent. 2015 gewann sie dem Goldenen Löwen für den besten Pavillon (Armenien) auf der 56. Biennale von Venedig.
Über den Wolfgang-Hahn-Preis
Der Wolfgang-Hahn-Preis wird jährlich von der Gesellschaft für Moderne Kunst am Museum Ludwig vergeben, 2024 zum 30. Mal. Mit der Auszeichnung sollen vorrangig zeitgenössische Künstler:innen geehrt werden, die sich in der Kunstwelt durch ein international anerkanntes Œuvre bereits einen Namen gemacht haben, in Deutschland aber noch nicht so bekannt sind, wie sie es verdienen. Das Preisgeld in Höhe von maximal 100.000 Euro setzt sich aus den Beiträgen der Mitglieder zusammen und fließt in den Erwerb eines Werks oder einer Werkgruppe der Künstler:innen für die Sammlung des Museum Ludwig. Mit dem Preis verbunden sind vom Museum Ludwig organisierte Ausstellungen der erworbenen Arbeit(en) der Preisträger:innen sowie die Herausgabe einer begleitenden Publikation.
Der Name des Preises ehrt das Andenken an den passionierten Kölner Sammler und Gemälderestaurator Wolfgang Hahn (1924–1987), der sich in vielfältiger Hinsicht für die Kunst der europäischen und amerikanischen Avantgarde in Köln engagierte. Die Gesellschaft für Moderne Kunst fühlt sich seinem vorbildlichen Wirken als Sammler, als ihr Gründungsmitglied und als Leiter der Restaurierungswerkstätten des Wallraf-Richartz-Museum und des Museum Ludwig verpflichtet.
Die bisherigen Wolfgang-Hahn-Preisträger:innen sind:
2023 Francis Alÿs
2022 Frank Bowling
2021 Marcel Odenbach
2020 Betye Saar
2019 Jac Leirner
2018 Haegue Yang
2017 Trisha Donnelly
2016 Huang Yong Ping
2015 Michael Krebber / R.H. Quaytman
2014 Kerry James Marshall
2013 Andrea Fraser
2012 Henrik Olesen
2011 John Miller
2010 Peter Fischli, David Weiss
2009 Christopher Wool
2008 Peter Doig
2006 Mike Kelley
2005 Richard Artschwager
2004 Rosemarie Trockel
2003 Niele Toroni
2002 Isa Genzken
2001 Raymond Pettibon
2000 Hubert Kiecol
1999 Pipilotti Rist
1998 Franz West
1997 Cindy Sherman
1996 Günther Förg
1995 Lawrence Weiner
1994 James Lee Byars
Über BAUWENS und EBNER STOLZ – Sponsoren des Abends der Preisverleihung, der Präsentation und der Publikation
Die traditionsreiche Unternehmensgruppe BAUWENS entwickelt, plant, baut und betreibt bundesweit Immobilien zum Wohnen, Arbeiten und Einkaufen. EBNER STOLZ ist eine der größten unabhängigen mittelständischen Prüfungs- und Beratungsgesellschaften in Deutschland und zeichnet sich bei der Beratung ihrer Mandanten durch einen multidisziplinären Ansatz aus, der Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Unternehmensberatung und Rechtsberatung miteinander verbindet. Die Unternehmen sind im Rheinauhafen in Köln im selben Gebäude ansässig.
BAUWENS und EBNER STOLZ unterstützen den Abend der Preisverleihung, die Präsentation und die Publikation des Wolfgang-Hahn-Preises seit 2016.
Weitere Informationen: www.bauwens.de und www.ebnerstolz.de
Abbildung: Anna Boghiguian, 2017, Courtesy: Castello di Rivoli, © Anna Boghiguian, Foto: ©Andrea Germani
Quelle: www.museum-ludwig.de