Russland: Ein Jahr nach Nawalnys Vergiftung bleiben Verantwortliche unbestraft

amnesty logoDer Jahrestag der Vergiftung und des versuchten Mordes an Alexej Nawalny markiert ein Jahr beschämenden Unrechts. Während die Drahtzieher_innen des Attentats Straffreiheit genießen, befindet sich Nawalny zu Unrecht in Haft und muss sofort und bedingungslos freigelassen werden. Amnesty International fordert Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, weiter gegenüber dem russischen Präsidenten Wladimir Putin auf einer umfassenden und gründlichen Untersuchung des Falles durch die russischen Ermittlungsbehörden zu bestehen.

Am 20. August 2020 wurde der führende russische Oppositionelle Alexej Nawalny Opfer eines Giftanschlags, dessen Aufklärung die russischen Behörden offensichtlich verweigern. Den Jahrestag kommentiert Peter Franck, Russland-Experte bei Amnesty International in Deutschland:

„Heute vor einem Jahr wurde der lauteste Kritiker des Kremls mit einer verbotenen chemischen Waffe angegriffen – ein empörendes Verbrechen, das Gegenstand einer umfassenden und gründlichen Untersuchung durch die russischen Behörden hätte sein sollen. Stattdessen beschloss die russische Regierung, Alexej Nawalny hinter Gitter zu bringen – unter Bedingungen, die ihn fast umgebracht hätten – und eine unerbittliche Repressionskampagne gegen seine Unterstützer_innen zu betreiben.

Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel am Jahrestag des Anschlags auf Nawalny mit Russlands Präsident Wladimir Putin spricht, darf der Fall nicht unerwähnt bleiben. Wir fordern die Bundeskanzlerin auf, gegenüber dem russischen Präsidenten weiter auf sichtbaren und substantiellen Ermittlungen zu bestehen.

Der Anschlag auf Nawalny folgt einem Muster unaufgeklärter Vergiftungsfälle in den vergangenen Jahren. Kritische Stimmen sind auch heute weiter in Gefahr, in Russland oder sogar im Ausland Opfer von Anschlägen zu werden."

Wie die Verurteilung von mindestens vier engen Weggefährt_innen Nawalnys zu Freiheitsbeschränkungen von mindestens einem Jahr in den vergangenen Tagen zeigt, setzen die russischen Behörden die Verfolgung kritischer Stimmen und insbesondere Nawalnys unvermindert fort. Erst vor gut einer Woche wurde eine neue Anklage gegen Nawalny wegen angeblicher Gründung einer rechtswidrigen Organisation erhoben. Im Falle einer Verurteilung drohen ihm drei weitere Jahre Haft. Peter Franck sagt:

„Wir fordern die russischen Behörden dringend auf, Alexej Nawalny unverzüglich und bedingungslos freizulassen. Nawalny ist ein gewaltloser politischer Gefangener, dem die Freiheit allein wegen der Ausübung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung entzogen wurde. Die internationale Gemeinschaft muss alles in ihrer Macht Stehende tun, um sicherzustellen, dass die Verantwortlichen der Vergiftung vor Gericht gestellt werden. Sie muss alles tun, um die rechtswidrige Inhaftierung von Alexej Nawalny zu beenden und die ausufernde Repressionskampagne der russischen Behörden gegen ihre Bevölkerung zu stoppen.“

Hintergrund

Alexej Nawalny, ein führender russischer Oppositionsaktivist und Gründer der Anti-Korruptionsstiftung, brach am 20. August 2020 auf dem Flug von Tomsk (Sibirien) nach Moskau zusammen. Er wurde zur Behandlung nach Deutschland gebracht, wo er 18 Tage lang im Koma lag.

Anfang März 2021 urteilten die Sonderberichterstatterinnen der Vereinten Nationen für außergerichtliche Tötungen und Redefreiheit in einem von ihnen vorgelegten Bericht, dass es aufgrund der Beweislage „sehr wahrscheinlich“ sei, dass hochrangige russische Offizielle in das Verbrechen involviert seien. Bereits Anfang Oktober 2020 hatte die Organisation für das Verbot chemischer Waffen bestätigt, dass Nawalny mit einem Nervenkampfstoff der Nowitschok-Gruppe vergiftet worden war.

Die russischen Behörden haben keine zielführende Untersuchung eingeleitet und eindeutige Beweise dafür ignoriert, dass Agent_innen des russischen Geheimdienstes an der Vergiftung beteiligt waren. Versuche der Anwält_innen Nawalnys, die Behörden gerichtlich zu Ermittlungen zu zwingen, sind erfolglos geblieben.

Neben Nawalny waren andere beharrliche Kritiker_innen der russischen Behörden in der Vergangenheit von ähnlichen Vorfällen betroffen. Darunter waren der Politiker Wladimir Kara-Murza Jr. und der Produzent der Pussy-Riot-Punk-Band Piotr Wersilow. Nawalny selbst war während einer Haftstrafe, die er 2019 wegen einer Ordnungswidrigkeit verbüßt hatte, schwer erkrankt. Keiner dieser Vorfälle wurde untersucht.

Nach seiner Rückkehr nach Moskau am 17. Januar 2021 wurde Nawalny festgenommen und wegen Verstoßes gegen die Bewährungsauflagen eines früheren, politisch motivierten Schuldspruchs zu zweieinhalb Jahren Haft in einer Strafkolonie verurteilt. Die Antikorruptionsstiftung und das Unterstützungsnetzwerk „Nawalny-Zentrale“ wurden als „extremistisch“ eingestuft und verboten. Am 11. August 2021 wurde Nawalny zusätzlich unter einem Paragrafen des russischen Strafgesetzbuchs wegen „Gründung einer gemeinnützigen Organisation, die die Rechte der Bürger untergräbt“ angeklagt. Im Falle einer Verurteilung droht ihm eine zusätzliche Gefängnisstrafe von bis zu drei Jahren.

Quelle: www.amnesty.de

Diesen Beitrag teilen, das Unterstützt uns, DANKE !

FacebookVZJappyDeliciousMister WongXingTwitterLinkedInPinterestDiggGoogle Plus

weitere Beiträge

Nachrichten und Doku

Neuer Preis für junge Theaterautoren -


deutscher bund volksbuehneKöln, 11. Juni 2024. Um Nachwuchsautoren im deutschsprachigen Raum umfassend und praxisnah beim Start ins Berufsleben zu unterstützen, vergibt der Bund Deutscher Volksbühnen (BDV) erstmals den „Volksbühnenpreis für Theaterliteratur“. Er richtet si...


weiterlesen...

Interaktive, öffentliche


TH KölnDie Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften der TH Köln thematisiert in einer interaktiven öffentlichen Lehrveranstaltung die drohenden Kürzungen in den öffentlichen Haushalten und die Folgen für die Soziale Arbeit. 

Die Veranstaltung findet ...


weiterlesen...

Nutzungsrekord beim Wahl-O-Mat zur


wahl o matÜber 10 Millionen Nutzungen zur Europawahl 2024 // Interaktives Online-Angebot der Bundeszentrale für politischen Bildung informiert über die Positionen der Parteien bei der Wahl des EU-Parlaments // Jetzt noch spielen unter www.wahl-o-mat.de

Kurz...


weiterlesen...

Neues Rechtsgutachten bestätigt:


Umweltinstitut LogoMünchen/Hamburg, 12. Juni 2024. Die Netzbetreiber können die Umstellung der Gasnetze auf Wasserstoff noch nicht verlässlich zusichern. Daher können Kommunen bei ihrer Wärmeplanung auch nicht von einer Versorgung von Haushalten und anderen Kleinver...


weiterlesen...

Wahlbriefe schnellstmöglich


stadt Koeln LogoZur Europawahl am kommenden Sonntag, 9. Juni 2024, hat die Stadt Köln bisher mehr als 262.000 Wahlscheine für die Briefwahl ausgestellt. Aber erst von 188.400 Wähler*innen sind die Wahlbriefe mit ihrer abgegebenen Stimme wieder beim Wahlamt eingeg...


weiterlesen...

"Kölle putzmunter"


2232132218927956highResputzmunter20131Wandern und Müllsammeln mit dem Kölner Eifelverein und dem Niehler Bürgerverein

Am Dienstag, 28. Mai 2024, um 14.30 Uhr wandern der Kölner Eifelverein e. V. und der Niehler Bürgerverein e.V. für den guten Zweck. In der Hochsaison der ganzjährigen ...


weiterlesen...
@2022 lebeART / MC-proMedia
toTop