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Ich bin`s dein Nachbar…Karsten Behr

„Wir können das Paradies auf Erden erschaffen“, sagt Karsten Behr. Er bezeichnet sich selbst als Visionär und Utopisten. Wir sitzen in seiner Wohnung, die trotz offener Balkontür und Erkältung angenehm, leicht und grün wirkt. Alles was selbst gestaltet werden kann, ist abgerundet. So sitzen wir an einem runden Tisch, trinken Kaffee auf türkische Art, die Vögel zwitschern und ich fühle mich wohl. Pflanzen sind allgegenwärtig, ob gewachsen oder als Motiv. Sie sind Bestandteil des Lebensraumes und erschlagen mich dennoch nicht.
Hier sitze ich und möchte mit Karsten Behr ein Interview über seine künstlerische Arbeit, der Raum- und Wandgestaltung führen. Das Szenario und die gelebte Philosophie von Karsten Behr, öffnen mir einmal mehr die Augen und lassen mich in eine Zukunft reisen, die augenblicklich stattfinden könnte. Ich möchte Sie auf diese Reise mitnehmen, um ihnen in Form dieses Interviews die Welt von Karsten Behr ein klein wenig näher zu bringen.

karsten_behr_strandKurz gesagt:

Ein guter Tag beginnt für mich, wenn... ich ausgeschlafen bin und mich an meine Träume erinnern kann.
Ich komme ursprünglich aus...dem Schoss meiner Mutter, kann mich aber nicht erinnern.
Ich bin nach Köln-Ehrenfeld gekommen, weil... mich eine unerklärliche Kraft dazu bewegte.
Mein liebster Fleck in Ehrenfeld ist... eine Eisdiele auf der Venloer.
Drei Worte, die meinen Charakter beschreiben...fassungslos, lebensfroh, optimierungsbewusst
Ich mag es gern,... warm, rund, duftend und schön.
Ich mag (es) nicht gern,... wenn Autos Lebensraum an sich reißen, Dummheit siegt, Konsum vor Erkenntnis geht.
Ich lese zur Zeit das Buch... Die verkalkte Republik, Marke Eigenbau, Baudolino
Dieses Erlebnis vergesse ich nie...Die Geburten meiner Kinder und als ich mal ins Eis einbrach.
Auf eine einsame Insel nehme ich mit...meine Freundin, meine Kinder, die Bibliothek von Amsterdam, Saatgut, Werkzeug, Sonnenmilch, Kochgeschirr, uvm.
Als Kind wollte ich... mal groß werden...
Glück bedeutet... gesund und munter zu sein.


Hallo Karsten, du hast es dir zur Aufgabe gemacht durch dein Wirken einen Teil dazu bei zu tragen, dass mehr Vernunft und Liebe in das Leben der Menschen einzieht. Durch deine künstlerische Tätigkeit hast du einen von mehreren Ansatzpunkten gefunden. Mit welchem Blick schaust du in deine Umgebung?
Ich habe durch meinen Beruf einen praktischen handwerklichen Blickwinkel, gepaart mit der emotionalen Wahrnehmung, die mir als Künstler zu eigen ist. Hinter meinen Ideen stecken tiefe Erkenntnisse und Verletzungen.

Wo steckt deiner Meinung nach das Problem in der Architektur und Wohnraumgestaltung in unserer Zeit?
Wir Menschen haben früher in Höhlen gewohnt. Diese waren rund und man hat im Geborgenen gelebt. Heutzutage sind wir so gepolt, dass wir die Natur zerstören, um Lebensraum zu schaffen. Wir vergessen dabei, dass wir auch ein Teil der Natur sind.

Du bist in den letzten Jahren viel gereist und warst immer wieder erstaunt wie schön und wie hässlich Orte sein können. In Deutschland siehst du viel Raum für Nachbesserung. Wie ist das mit Köln-Ehrenfeld, wo du augenblicklich lebst? Was meinst könnte hier verbessert werden?
Die Stadt versagt in der Gestaltung des öffentlichen Raumes: Bürgersteige werden zunehmend als Parkplatz missbraucht, die "Fußgänger- und Fahrradfreundliche Stadt" wartet auf Erfüllung, da gestrige Geister immer noch das Konzept der "Autofreundlichen Stadt" aus den 60ern weiterpflegen. Dies ist ein Problem das ganz Köln und nicht nur Ehrenfeld betrifft und durch käufliche und/oder schlecht beratene  Entscheider weiter mutiert.

Um in Ehrenfeld zu bleiben. Was gefällt dir an diesem Stadtteil?
Ehrenfeld ist voller Menschen aus aller Welt. Kreativität ist spürbar vorhanden, 'Deine Freunde' sind hier entstanden, mit dem Rad und der U-Bahn ist man zügig am Ziel und es gibt neben den vielen hässlichen Fassaden auch viele schöne.

Bevor wir unsere Reise durch deine Utopie einer schöneren Welt starten, interessieren mich deine persönlichen Beweggründe, die dich aktiv werden lassen. Was ist der Grund für dein Tun?
Ich bin, wie alle anderen Menschen auch, aus einer warmen, weichen Gebärmutter geboren. Was erlebte ich als erstes? Einen weiß-gekachelten Raum mit Menschen in grünen Kitteln, Mundschutz und Gummihandschuhen. Was war das wohl für ein Schock!? Heutzutage hat sich glücklicher Weise schon einiges getan und das Bewusstsein für das Erleben des Neugeborenen wächst zunehmend. Ich weiß, auf jeden Fall, dass ich aufgrund dieser Tatsache im Grunde schon völlig geschädigt bin.

Das treibt dich an, etwas anders zu gestalten?
Ja, es ist für mich schlüssig, dass ich mich, um meine eigene Schädigung zu heilen, mit diesem Thema beschäftige und mir meine Höhle zurück gebe. Ich mache das zusätzlich, indem ich mich gut unterhalte, und Psychotherapie und Coachings in Anspruch nehme. Ich tue dies, um die Schädigung, also diesen harten Schnitt wieder heilen zu lassen. Schließlich möchte ich allen Menschen ihre Höhle zurückgeben.

Nun starten wir und beginnen unsere Reise in den Lebensräumen, nämlich bei deiner eigenen Arbeit, der Wandgestaltung. Grundlage deines Schaffens ist Karsten_Behr_Portrait_2_mididie organische Darstellung. Wie kann ich mir das vorstellen?
Für mich ist alles Natürliche organisch. So sehe ich, dass alles lebt, wächst und zerfällt. Es verändert sich, entwickelt sich weiter und wandelt sich um. Dies geschieht durch Bakterien, Mikroben, Pilze, durch den Mensch, durch Zerfall u.s.w. So ist das Organische das Leben. Liebe ist Leben, Liebe ist organisch. Alles was ist, vibriert, schwingt und selbst Starres ist in Bewegung. Ich liebe es diese Prozesse darzustellen und meine Objekte in das Leben und die Natur mit einzubeziehen. Sie können durch Verwitterung, Bepflanzung und Tiere daran teilhaben.

Was stört dich konkret an der üblichen, gegenwärtigen Wohnraumgestaltung?
Was haben wir heute schon? Eine Rauhfaserwand, ein Bild mit Wasserfall oder einem Kornfeld und auf der Fensterbank ein paar Töpfen mit Pflanzen. Das ist zu wenig, das kann man schöner, harmonischer, liebevoller und interessanter gestalten. Wände, Räume, Fassaden dürfen durchaus mehr Lebensfreude ausdrücken, als es Waschbeton, Eternit, Plastikputz und Farben wie popelgrün, kittgrau und leberwurstrosa tun.

Was meinst du, warum kleben wir uns bspw. Rauhfasertapete an die Wand und streichen sie an, so dass sie nicht mehr atmen kann?
Dem Menschen wurde das von der Bauindustrie als schön und modern verkauft. Diese hatte offensichtlich schlechte Designer und Berater. In der Architektur sieht es nicht anders aus. Stuck, der Schmuck des Hauses und Stolz des Bauherren in früheren Zeiten ist oft funktionaler Hässlichkeit gewichen.
Eine Hochzeitstorte sieht doch auch nicht aus, wie eine Bordsteinkante oder ein Brikett? Ich sehe mich hier der Nachbesserung verpflichtet.

Nenne uns ein praktisches Beispiel, um uns vorstellen zu können, wie eine Wand verändert werden könnte!
Wir können Struktur in die Wände hineinbringen, so dass etwas passiert. Wieso sitzt ein Wellensittich in einem Käfig?
Für mich ist das Tod. Ich kann z.B. eine Wand so gestalten, dass er sich dort sein Nest baut und sich somit wohl fühlt. Das würde die Atmosphäre des Raumes enorm verändern.

Das heißt du würdest die Wand um eine Funktion erweitern, um damit die Natur kleines Stück in den Wohnraum zu integrieren. Was das Wohlbefinden der Raumbewohner sichtlich steigern würde. Richtig?
Ja, wir machen alles rein funktional, sauber, leicht zu reinigen, verbrauchergerecht. Aber im Endeffekt ist dies unnatürlich. Ein Roboter würde sich sicher wohl fühlen, aber wir sind ja Menschen. Wände bieten unendlich viele Möglichkeiten. Sie können Natur in den Raum transportieren. Meine Objekte sind das Gegenteil von quadratisch, eckig, praktisch.
Sie sind rund, voller Leben und laden zum schönen Traum ein. 

Deine Ansätze finden sich nicht nur in der Innenraumgestaltung, sondern auch in der Architektur wieder?
Für mich ist Architektur oft einfach abgebrochen worden. Bauten, die für Bauherren, Architekten oder die Stadt eigentlich fertig gestellt sind, sind für mich der Baugrund. Dann sage ich: Und jetzt fangen wir an!

Welches Beispiel kannst du uns hierfür aus Köln nennen?
Ein gutes Beispiel sind die neuen Kranhäuser am Rhein. Ich denke mir bei dem Anblick: wie hässlich ist das denn? Diese würde ich als erstes mit Efeu oder ähnlichem Gewächs zuranken lassen.
Ein anderes eher weniger bekanntes Beispiel ist die Fassade des Hauses in dem ich gerade wohne. Daran kleben Klokacheln, die sich mancher nicht ins Haus machen würde. Ich frage mich, was sollen die Menschen denken, die hier vorbei laufen? Das ist so traurig. Einen Entwurf für eine alternative Fassadengestaltung habe ich auf meiner Homepage veröffentlicht. Man sieht das Haus im Original und wie es aussehen könnte.

Im Bezug auf begrünte Fassaden gibt es viele Vorurteile. Du hast dich mit diesem Thema beschäftigt. Nenne uns bitte Vorteile dieser Fassadengestaltung.
Es gibt zahlreiche Studien darüber wie sinnvoll es ist, eine Fassade, Außenwand zu begrünen. Es ist zum Einen eine hervorragende Wärmedämmung. Der Wind bricht sich in den Pflanzen. Das heißt, wenn die Oberfläche rauer ist, kann der Wind die Wärme nicht so leicht abführen. Zusätzlich wird die Mauer vor Verwitterung geschützt, da sie nicht direkt der Witterung ausgesetzt ist. Pflanzen an den Wänden schaffen in der Stadt ein besseres Klima. Städte mit glatten Wänden hingegen heizen sich sehr stark auf. Außerdem wäre wieder mehr Raum für Pflanzen und Tiere. Hierüber gibt es im Internet ausreichend Informationen unter Biodiversität im urbanen Raum.

Gehen wir weiter. Wir haben liebevoll gestaltete, warme, gemütliche Innenräume mit Pflanzen und kleinen Tieren. Die Außenfassaden sind bunt und teilweise begrünt. Wie können Städte und Landschaften lebensnaher gestaltet werden?
Ich finde es sinnvoll Städte und Dörfer so zu gestalten, dass Radfahrer und Fußgänger vor dem Auto berücksichtigt werden. Hierfür finde ich gerade in Holland viel Inspiration. Der Autofahrer wird geduldet, aber er hat absolute Rücksicht auf den Fahrrad-Fahrer zu nehmen.
In Deutschland ist es anders. Ich glaube es gibt kein anderes Land was durch ein Autobahnnetz so sehr erschlossen ist. Finde ich ein schönes Stück Natur, habe ich im Hintergrund immer dieses Autobahngeräusch.
In meinen Utopien, müssten Autobahnen in Glasröhren oder ähnlichem sein. Es kann sie ja geben, aber in einem abgeschlossenen Raum.

Du bist passionierter Bahn- und Radfahrer, aber manchmal ist ein Auto doch schon praktisch. Oder?
Die Flexibiliät von einem Auto ist nicht zu toppen. Allerdings hat dieser Vorteil einfach zu viele Nebenwirkungen. Ich finde das Auto nimmt dem Menschen Raum weg und verbraucht tonnenweise Öl. Obwohl es einem Freiheit verspricht, engt es mich eigentlich immer mehr ein. Ich selber habe seit 10 Jahren kein Auto mehr, sondern nutze Carsharing. Hier kann ich vom Flitzer bis zum Transporter genau den Wagen nutzen, den ich für einen bestimmten Zweck benötige. Danach gebe ich es wieder zurück und ein anderer benutzt den Wagen. Das finde ich viel sinnvoller, als selbst ein Auto vor der Tür stehen zu haben. Ich würde mich schämen den Menschen diesen ca. 6 qm großen Raum weg zu nehmen.

Carsharing ist eine gute Alternative. Was wäre die Auswirkung, wenn es weniger Autos gäbe?
Es wäre ruhiger, stressfreier, es könnten mehr Flächen begrünt werden, Kinder hätten mehr Raum zum Spielen und die Menschen wären ausgeglichener.

Du hast bereits erwähnt, dass für dich Holland eine Inspiration darstellt. Was hast du noch auf deinen Reisen erfahren?
Es gibt schöne gewachsene Orte und es gibt Orte da hat man es rein bei der Funktionalität belassen. Beides interessiert mich. Ich beobachte gern. Eine Fassade oder ein Raum von Gaudi betrachte ich und ziehe meinen Hut. Phantasie, Form, Farbe – es ist alles da. Eine vollgepisste Betonbrückenunterführung für Fußgänger muss weiter entwickelt werden, damit auch dieser Ort schön wird. Ich sah viel Schönes und sehr viel Bedürftiges. Ich habe Orte erfahren, an denen einfach sein und mich entspannen konnte. Und ich bin an Orte gekommen, da dachte ich „Ach du Schande“. Da möchte ich Hammer, Kelle und Stift zücken, um es schön zu machen.

Warum bist du gereist und wirst es immer wieder tun?
Ich liebe es an Orte zu kommen, die noch nicht kenne. Meistens ergibt sich ein Staunen. Entweder staune ich darüber wie schön es ist, oder ich staune darüber wie hässlich es ist. Ein schöner Ort inspiriert mich. Ich liebe bspw. Barcelona. Antonio Gaudi hat sich dort ausgetobt. Das man so etwas zugelassen hat, ist ein Wunder und toll. Ich brauche diese Inspiration, um dann in Deutschland wirken zu können. Ich möchte es meinen und allen Kindern schön machen.

Du bist sehr aktiv das Paradies auf Erden zu schaffen. Wie empfindest du die momentane Entwicklung?
Ich denke wahre Veränderungen haben eigentlich gar nicht so viel mit politischen Entscheidungen, sondern mit jedem selber zu tun. Ich glaube einfach, durch unsere technische Entwicklung ist viel passiert. Langsam werden wir uns bewusst, welche Nebenwirkungen das hat. Es ist ein Naturgesetz, dass alles Handeln auch eine Nebenwirkung hat. Momentan bekommen wir die Schattenseiten unseres technischen Fortschritts zu spüren. Ich verteufele diese Entwicklung nicht, denke nur wir müssen nachbessern. So bspw. einen vernünftigen Umgang mit dem Auto finden.

Oder unser soziales System verbessern. Du bist aktiv in der Bewegung für ein bedingungsloses Grundeinkommen. Was denkst du würde es bringen, wenn jeder Mensch eine gesicherte Grundversorgung hat?
Für mich ist die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens logisch und eine Weiterführung des bestehenden Systems. Ich betrachte es nicht als Umsturz oder neues System. Es ist im wirtschaftlichen und im sozialen Bereich eine Nachbesserung.
Befasst man sich mit den gelebten gesellschaftlichen Systemen, wie Sozialismus, Kapitalismus, Monarchie u.s.w., erkennt man, dass alle Systeme Ecken und Kanten haben, die einfach weh tun. Die Sache ist nicht rund. Dieser Turbo- oder Neokapitalismus der momentan herrscht, schon gar nicht. Er ist ganz stark verbesserungsbedürftig. Hier ist das bedingungslose Grundeinkommen nur ein erster Schritt.

Ein vielzitiertes Argument gegen das bedingungslose Grundeinkommen ist, die Meinung, dass viele Menschen gar nicht arbeiten würden. Was sagst du dazu?
Ja das begegnet mir immer wieder. Ich frage die Menschen dann, ob sie denn auch nicht arbeiten würden. Was sie weit von sich weisen. Darauf entgegne ich, warum sie dann meinen dass andere Menschen anders wären, als sie selbst. Dann überlegen sie.
Schaut man sich den ehrenamtlichen Bereich an, sieht man was alles bereits jetzt, freiwillig getan wird. Ich empfinde das selbst als eine Frechheit. Für mich ist das Ehrenamt nichts anderes als unbezahlte Arbeit. Es engagieren sich Menschen und machen ganz tolle Projekte für andere und bekommen kein Geld dafür.
Wenn die Leute etwas machen, dann sollen sie Geld bekommen.

Wie bist du organisiert mit deinem Engagement?
Ich bin engagiert in der Kölner Initiative Grundeinkommen. Der Sitz ist hier in Ehrenfeld in der Körnerstraße, gegenüber dem Allerweltshaus. Wir machen immer wieder Aktionen zum wach werden. So laufen wir z.B. als König durch die Stadt, um zu zeigen, „Sei dein eigener König, dann brauchst du keinen über dir.“

Das klingt fast nach Anarchie…
…und da kommt sofort die Assoziation des schwarz gekleideten Steinewerfers zum Vorschein.

Richtig. Ein Bild welches durch die Medien in der Gesellschaft geprägt wurde.
Sie haben die Propaganda der tatsächlichen Anarchisten bereitwillig weiter verbreitet. Denn Anarchie bedeutet „Ohne Herrschaft“. Und wer ist ohne Herrschaft in unserem Land? Die oberste Politiker-Kaste. Logischer Weise möchten sie nicht, dass das Fußvolk ihren König (Kanzler) nicht mehr anerkennt. Allerdings ist die Politikerkaste noch einer anderen Kaste unterworfen.

…den Wirtschaftsbossen?
Ja, die oberste Wirtschaftskaste, die Konzernlenker. Diese schreiben sich ihre eigenen Gesetze und diese werden dann auch beschlossen. Wie man aktuell an den verlängerten AKW-Zeiten wieder erkennen konnte. Ob das für die Menschen gut ist, ist nebensächlich. Es geht meiner Meinung nach nur um Machterhalt und Profitgier.

Wie verstehst du die Anarchie des kleinen Mannes?
Der Punkt der Anarchie bedeutet, jeder soll so leben, wie er möchte. Die Freiheit hört da auf, wo er einen anderen beschneidet. Es ist etwas sehr soziales, sehr schönes und hat viel mit eigenverantwortlichem Handeln zu tun. Das sind natürlich Punkte, die noch ein wenig kompliziert sind und deren Umsetzung momentan wohl schwierig wäre. Das bedingungslose Grundeinkommen ist für mich ein Schritt in die richtige Richtung.

Nun sind wir durch deine Utopie gewandert und haben deine Sicht der Dinge erfahren. Was glaubst du können die Menschen heute in ihrem Alltag tun, um die Welt positiv zu gestalten?
Sie können 'das Leben' mehr in den öffentlichen Raum verlagern. Grillen und Fußball im Grünen reicht da nicht (überlastet diese wenigen Flächen auch zunehmend). Warum nicht mehr Strassen mit Kreide bemalen? Fassaden bunter gestalten? Öfter Straßen autobefreien, um Feste zu feiern. Plätze beleben. Blumentöpfe, Stühle, Tische, ja sogar Sofas einfach vor die Tür stellen und Menschen einladen, U-Bahnhöfe beleben. 
Sie können desweiteren ihr Fernsehgerät abschaffen und das daraus entstehende positive Potenzial nutzen (Aufhebung des Verblödungsprozesses, Zeitgewinn, neue Sichtweisen, Abbau von Ängsten, Gewinn von Gesundheit, Aufgewecktheit, Ausgeschlafenheit, Lust und Freude)
Sie können sich dadurch für die echte Welt interessieren und nicht nur für das nächste Schnäppchen aus China.
Sie können sich dadurch in Zukunft bei der Wahl für ökologisch orientierte Parteien entscheiden und nicht wie unpolitische Zombies verhalten, die auf die Weiterentwicklung von Atomkraft, Ängsten und Umweltverschmutzung setzen.

Danke für die sinnvollen Impulse. Was wünschst du dir für die Zukunft?
Ich wünsche mir mehr Vernunft und Liebe in der Welt der Menschen. Dadurch werden vermehrt schöne Orte entstehen und Erlebnisse, wie meine Schulzeit, die momentane Arbeitswelt und überflüssige und ungesunde Konsumprodukte der Vergangenheit angehören. Ich wünsche mir das Paradies auf Erden und mache dafür viel. Denn ich weiß, dass auch dieses Wunder der Mensch vollbringen kann. Wir können auf den Mond fliegen und habe das Auto, ein Gefährt, was von allein rollt. Ich bin überzeugt, dass wir auch das Paradies auf Erden schaffen können. Wir hätten es schon längst, wenn wir so viel Energie wie wir in Panzer und Düsenjäger stecken, in Liebe und Schönheit stecken würden.

Mit diesem wunderbaren Schlusswort beenden wir das Gespräch. Ich danke dir für deine ausführlichen und bereichernden Ausführungen.

Ilka Baum

Information zur künstlerischen Arbeit von Karsten Behr:

Interview mit dem Künstler Karsten Behr

www.wanderleben.de
 

 

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