Dreifach-Jubiläum für Finnlands blühende Klassik-Landschaft

FRSO official 2015 c Veikko Kähkönen mid res100 Jahre Unabhängigkeit, 90 Jahre Finnish Radio Symphony Orchestra (FRSO) und 50. Geburtstag seines Leiters Hannu Lintu – drei allerbeste Gründe zum Feiern im Land der tausend Seen. Den nationalen Feierlichkeiten mit dem zentralen Festakt am 6. Dezember 2017, an dem u.a. zwei Auftragskompositionen in Helsinki zur Uraufführung kommen, folgt im März 2018 eine Europatournee des FRSO mit der Cellistin Sol Gabetta, die das finnische Spitzenorchester und seinen hierzulande bestens beleumundeten Dirigenten nach München, Berlin, Heidelberg und Köln führt.

Es gibt wohl kein zweites europäisches Land, bei dem der nationale Unabhängigkeitskampf so eng mit der klassischen Musikkultur verwoben ist wie Finnland. Das dort seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wachsende Bedürfnis nach einer eigenen Musiksprache im damals unter russischer Hoheit stehenden nordeuropäischen Großfürstentum trieb äußerst klangvolle Blüten: Frederic Pacius (ein gebürtiger Hamburger!) schuf 1852 mit „König Karls Jagd“ die erste finnische Nationaloper, 1882 gründete Robert Kajanus das erste Sinfonieorchester des Landes und ein gewisser Jean Sibelius brachte seit den Neunzigerjahren zahlreiche, u.a. auf die finnische Mythologie Bezug nehmende Kompositionen an die Öffentlichkeit – daneben 1899 auch seine Sinfonische Dichtung „Finlandia“, die der Komponist als „Kampflied und Siegeshymne“ bezeichnete und die schon bald nach ihrer Uraufführung durch die russischen Behörden mit einem Aufführungsverbot belegt wurde. Der so befeuerte Nationalstolz der Finnen ließ sich jedoch politisch nicht mehr unterdrücken. Und damit hatte schließlich die heimische Musikszene einen nicht unerheblichen Beitrag dazu geleistet, als der nationale Selbstfindungs- und -behauptungsprozess vor hundert Jahren – am 6. Dezember 1917 – in der Unabhängigkeitserklärung Finnlands mündete.

Heute gilt Finnland international als Vorbild für systematische Musikerziehung ab dem Kindesalter, weist die weltweit größte Orchesterdichte auf, veranstaltet knapp fünfzig Musikfestivals im Jahr und hat das begeisterungsfähigste Publikum des Kontinents: Rund eine Million Finnen – das sind etwa 20 % der Gesamtbevölkerung – besuchen alljährlich klassische Konzerte. Darüber hinaus verfügt das Land mit der Sibelius-Akademie in Helsinki über eines der gefragtesten Ausbildungsinstitute für angehende Berufsmusiker weltweit. Auch Hannu Lintu zählt zu den heute international erfolgreichen Absolventen dieser Akademie: Dort studierte er zunächst Violoncello und Klavier, bevor er anschließend beim legendären Jorma Panula in die Dirigierlehre ging. Im Konzertsaal präsentiert sich der vor wenigen Wochen 50 Jahre alt gewordene Finne in – man möchte sagen – typisch nordischer Introvertiertheit: „Ich lächle lieber einmal zu wenig als einmal zu viel. Mir ist es viel wichtiger, dass ich wahrhaftig mit den Werken umgehe und dabei auch meine eigene Stimme gehört wird. Das Publikum sollte immer merken, warum ich gerade dieses Stück aufführen möchte und was die Intention des Komponisten war.“ Hannu Lintu ist in Deutschland ein gern gesehener und viel gebuchter Gastdirigent: Zuletzt gab er im April sein Debüt beim Staatsorchester Stuttgart, im Mai überzeugte er dann als Einspringer für den erkrankten Christoph von Dohnányi bei der NDR Elbphilharmonie (Hamburger Abendblatt: „Lintu sorgte ebenso diskret wie zielgerichtet für angemessene Umrahmung“). Und im November 2016 hatte er am Pult des Deutschen Symphonie-Orchesters in der Berliner Philharmonie begeistert mit „seiner unprätentiösen Kunst, die nicht versucht, dem Publikum zu vermitteln, was es zu fühlen habe, und die es mit sparsamen Gesten doch vermag, doppelte Emotion und Leuchtkraft vom Orchester abzurufen“ (Der Tagesspiegel).

005 hannu lintu lowres credit Veikko Kaêhkoênen   KopieSeit 2013 wirkt Hannu Lintu als Chefdirigent des Finnish Radio Symphony Orchestra (FRSO), das heuer sein 90-jähriges Bestehen feiert. 1927 gegründet – und damit in jenem Jahr, als Sibelius mit der Bühnenmusik „Der Sturm“ seine letzte Komposition fertigstellte –, gilt das FRSO heute als Klangkörper von Weltrang: „akribisch im Zusammenspiel, kultiviert im Ton, fast aristokratisch“, so schrieb The Times. Seit dem ersten Tag ist es zentraler Auftrag des dem staatlichen Radiosender Yle angegliederten Orchesters, das nationale Musikerbe zu pflegen und zu fördern. So wurden für das Jubiläumsjahr 2017 zwei Kompositionen bei Magnus Lindberg („Tempus fugit“) und Lotta Wennäkoski („Uniin asti“) in Auftrag gegeben, die am Unabhängigkeitstag (6.12.) in Helsinki zur Uraufführung gelangen werden. Im März des kommenden Jahres begeben sich dann das FRSO und sein Leiter Hannu Lintu auf Europatournee – mit vier Auftritten in Deutschland. Bei den Konzerten in München (12.3.), Berlin (13.3.), Heidelberg (18.3.) und Köln (19.3.) stehen jeweils eine Sibelius-Sinfonie und das Cellokonzert von Bohuslav Martinů auf dem Programm, individuell ergänzt durch Peter Tschaikowskys Sinfonie Nr. 5 (München/Heidelberg) bzw. Igor Strawinskys „Sinfonie in drei Sätzen“ (Berlin/Köln).

Natürlich sind die Sibelius-Sinfonien so etwas wie die unverzichtbaren „Grundnahrungsmittel“ eines finnischen Orchestermusikers; sie dienen aber zugleich auch als Prüfstein und Katalysator für die künstlerische Verschmelzung der Ausführenden, erläutert Lintu: „Als ich beim FRSO anfing, wurde mir sofort klar, dass der Weg zu einer tieferen Beziehung zweifellos über Sibelius führen würde ... Heute kann ich sicher sagen, dass wir uns sehr gut kennen und sich unsere Beziehung durch diesen Sibelius-Prozess entwickelt hat. Die Beziehung zwischen Chefdirigent und Orchester entsteht durch bestimmte Kernstücke, etwa von Beethoven, Haydn, Brahms. Im Fall eines finnischen Orchesters ist es Sibelius.“

In Deutschland bringt das FRSO unter Lintu zweimal (Berlin/Köln) die Sinfonie Nr. 5 Es-Dur op. 82 zur Aufführung – jenes Werk, dessen finale Version 1919 am Ende eines fünfjährigen Entstehungsprozesses stand, den Sibelius selbst als ein „Ringen mit Gott“ bezeichnete in dem Bemühen, „der Sinfonie eine andere, humanere Form zu geben: erdbezogener, lebendiger“. In den beiden anderen Konzerten (München/Heidelberg) steht dann die Nr. 7 C-Dur op. 105 auf dem Programm, die laut Veijo Murtomäk einen musikhistorischen Einschnitt markiert: „Die siebte Sinfonie ist etwas absolut Neues und Revolutionäres in der Geschichte der Sinfonie. Mit der Siebten und ‚Tapiola‘ ging die Ära der Dur-Moll-Tonalität zu Ende – aber wie fantastisch!“ Zudem ist das Violoncellokonzert Nr. 1 von Bohuslav Martinů mit der Weltklasse-Cellistin Sol Gabetta ein durchgängiger Programmpunkt der vier Deutschland-Konzerte. Die Musik des tschechischen Komponisten kennzeichne „eine eigene Introvertiertheit und sei dennoch höchst emotional“, womit Lintu die stilistische Brücke zu einem zentralen finnischen Charakterzug schlägt.

Finnland und seiner Musikentwicklung in den vergangenen hundert Jahren gebührt höchste Anerkennung. Daher dürfen Winston Churchills berühmte Worte „Finnland zeigt, wozu freie Menschen fähig sind“ heute auch uneingeschränkt auf die dortige, in voller Blüte stehende Klassik-Landschaft bezogen werden.

Herzlichen Glückwunsch, Finnland und Deinen Musikern!
https://yle.fi/aihe/rso-english

Fotos: ©Veikko Kähkönen
Quelle: www.schimmer-pr.de

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