Interview mit Peter Ströhmer, Bruno Goldammer und Kurt Lennartz von der IG Mülheimer für Mülheim
„Es geht uns gut…also warum sollen wir nicht mal für andere arbeiten?!“
Interview mit Peter Ströhmer, Bruno Goldammer und Kurt Lennartz von der IG Mülheimer für Mülheim
Für viele überraschend fand am 3. Advent des vergangenen Jahres der 1. Caritative Mülheimer Adventsmarkt am selbigen Rheinufer statt. Veranstaltet wurde dieser von der IG Mülheimer für Mülheim. Wer steckt hinter der IG? Wir haben drei Aktive der Interessengemeinschaft getroffen. Mit Begeisterung erzählten sie, warum die IG Mülheimer für Mülheim gegründet wurde und welche Erfahrungen sie vom Adventsmarkt mitgenommen haben.
Wir trafen Bruno Goldammer. Er ist Unternehmer und lange in Mülheim ansässig. Kurt Lennartz kennen viele Mülheimer Bürger und Geschäftsleute durch seine Arbeit bei der Polizei. Peter Ströhmer lebt seit 2001 in Mülheim und möchte sich intensiver in sein Veedel einbringen.
Guten Tag, wir freuen uns Sie kennen zu lernen. Die IG Mülheimer für Mülheim ist noch sehr jung. Wie haben Sie sich gefunden?
Lennartz:. Wir saßen zusammen bei unserem Italiener in der Regentenstraße. Bei einem guten Essen und einem Tropfen Wein kommt man schonmal auf Ideen. Aus dem Gespräch untereinander entstand schließlich der Impuls: Mensch wir wollen was für Mülheim tun. Nach der Idee kam der Wille das auch anzupacken und es nicht beim Reden zu belassen.
Ströhmer: Die IG ist also ein Zusammenschluss von Mülheimern, die ihren Stadtteil mögen und ihn als ihre Heimat ansehen. Viele Menschen beklagen die Zustände in Mülheim und sind doch wenig bereit, sich dafür auch zu engagieren und Verantwortung zu übernehmen.
Sie haben es angepackt. Mit Ihrem Engagement möchten Sie positive Impulse setzen und ein Ergebnis erzielen, was für die Mülheimer Bürger gut ist. Wie sieht das schließlich im Realen aus?
Goldammer: Wir haben gesagt, wir wollen einmal dem Stadtteil eine gute Aktion bieten. Das tun wir mit dem Adventsmarkt. Und wir wollen anderen helfen. Deshalb unterstützen wir die Gruppen, die sich für Menschen in sozialen Notlagen hier in Mülheim einsetzen.
Warum tun Sie das?
Goldammer: Einfach aus dem Grund heraus, weil es uns gut geht. Also warum sollen wir nicht mal zwei Tage für andere arbeiten? Das heißt wir spenden den Erlös an eine Institution in Mülheim. Im aktuellen Fall an das August-Bebel-Haus. Das wird jedes Jahr eine Andere sein.
Was macht die IG Mülheimer für Mülheim außerdem aus?
Ströhmer: Wichtig ist uns, dass wir neutral sind. Das heißt wir sind nicht parteilich.
Lennartz: Wie es der Name schon sagt, wir sind Privatleute und wollen auch Privatleute sein.
Ströhmer: Der dritte Aspekt der hinzukam war, dass wir überlegt haben, die Strukturen in Mülheim ein bisschen besser zu vernetzen. So dass man Plattformen schafft, auf denen sich die Menschen begegnen können.
Wie meinen Sie das?
Lennartz: Es haben sich auf dem Adventsmarkt Leute getroffen, die sich seit Monaten nicht gesehen haben. Einfach aus dem Grund, weil es in Mülheim keine Anlaufstellen gibt.
Um den Adventsmarkt auf die Beine zu stellen, hatten Sie nur wenige Wochen Zeit. Wie lief die Organisation ab?
Goldammer: Wir haben ein Organisationsteam gebildet. Darum herum waren viele Helfer aktiv, ohne die der Markt nicht möglich gewesen wäre.
Ströhmer: Für die Interessengemeinschaft Mülheimer für Mülheim brauchen Sie jemanden, der sich im Veedel in besonderer Weise auskennt. Und vielleicht auch schon Netzwerke mitbringt, damit man viele Kräfte bündeln kann. Das hat Herr Lennartz sehr gut gemacht. Er war auch für die Akquise für die Hüttenbelegung zuständig. Herr Goldammer übernahm die Projektleitung und die technische Umsetzung vor Ort. Ich habe mich u.a. um die Pressearbeit gekümmert.
Wer war noch am Adventsmarkt beteiligt?
Ströhmer: Viele, die wir gar nicht alle aufzählen können. Kai Hollenstein hat den gastronomischen Part sehr gut abgedeckt, was eine Herkulesaufgabe war. Wichtig war auch, dass wir jemanden fürs Marketing hatten. Das war die Petra Strack. Hilde Haubrich-Lennartz war für die Dekoration verantwortlich. Burkhard Birkner hat uns in der Umsetzung einer guten straffen Organisation beraten. Wir hatten ja nur zehn Wochen Zeit. Da war es gut, dass einer sagt, vergaloppiert euch hier mal nicht. Schließlich wurde die gesamte Aktion durch ein Netzwerk von etwa 60 Freiwilligen getragen. Diese koordinierte Michael Kemper mittels eines Dienstplanes.
Das ist sehr beeindruckend. Wie war die Stimmung während des Marktes?
Goldammer: Es ist eine ganz andere Stimmung, wenn man an einer Veranstaltung beteiligt ist, die einem gemeinschaftlichen Zweck dient. Das war wirklich nett. Alle haben es gern getan.
Lennartz: Von den ganzen Helfern, die wir hatten, hat keiner auch nur einen Cent erhalten. Wir haben alle zusammen zwei Tage lang richtig geackert. Es ist nicht einer zu uns gekommen, der bspw. sein Spritgeld haben wollte. Im Gegenteil, es war teilweise so, dass die Leute, die in den Hütten waren, eigene Ideen entwickelt haben, was man verbessern könnte. Das sind wichtige Sichtweisen. Auch hat niemand gemeckert und sich beschwert, warum er diese oder jene Aufgabe erfüllen sollte. Das war toll. Es war eine familiäre Atmosphäre.
Wie erklären Sie sich das?
Goldammer: Daran sieht man, dass viele Menschen helfen wollen und oft nicht wissen wo. Wenn es aber eine konkrete Möglichkeit gibt, sagen sie ganz schnell, „Ja ich bin dabei, was kann ich tun?“
Es gibt viele Projekte, an die man Geld spenden kann. Aber das wollen viele Leute vielleicht nicht. Sie sagen, ich will nicht immer nur Geld, Geld, Geld. Ich will wirklich selber etwas für andere tun und sehen wo das Geld hingeht.
Wie wurde der Adventsmarkt gestaltet?
Lennartz: Wichtig war uns, dass die Qualität der gesamten Veranstaltung gut war. Klein aber fein. Die Kinder konnten sich relativ frei bewegen. Für sie haben wir Strohballen in die Hüttchen getan. Für unsere Stadtkinder waren diese Strohballen wirklich der Renner. Zusätzlich hatten wir für die Pänz ein Karussell. Der Herr Goldammer hat einen Kamin aufgebaut, der sehr gelobt wurde. Da war es schön warm. Wir hatten natürlich einen Glühweinstand und verschiedene Hütten.
Sie möchten gern den Adventsmarkt nutzen, um Mülheimer zu vernetzen. Wie sind Sie dies angegangen?
Lennartz: Wir haben die Geschäfte aus Mülheim angesprochen. Wir wollen ein Netzwerk von den Bürgern die hier wohnen und den Geschäftsleuten die hier arbeiten, aufbauen. Meine Feststellung war, dass die Geschäftsleute untereinander sich gar nicht mehr kennen.
Wieweit konnten Sie dies beim ersten Mal umsetzen?
Ströhmer: Neben der Pusteblume hatten wir jemanden, der biologische Tees angeboten hat. Wir hatten Unterstützung durch die Floristin Frau Senger, die auf der Frankfurter Straße ihren Laden hat. Von daher war es ein guter Ansatz. Soetwas muss sich ja entwickeln. Um da anzuknüpfen und das zu vertiefen, machen wir weiter. Wir würden uns freuen, wenn Mülheim zusammenwächst und eine bessere Außendarstellung bekommt.
Neben allem, was Sie bereits erwähnt haben, was war für Sie besonders an diesem Adventsmarkt?
Lennartz: Das Wetter war ja super und der Sonnenuntergang über dem Dom das war schon toll. Man fühlte Veedelsflair. Diese Eigenständigkeit von Mülheim war da wieder erkennbar. Man hat sich gesagt, man ist wieder in Mülheim. Das schönste Lob, was Leute gegeben haben war, dass sie gesagt haben, „bow, das ist so schön hier, wir gehen nicht mehr nach Köln, wir kommen hier nach Mülheim.“ Das ist eine Sache, da geht man auf.
Goldammer: Es ist einfach auch schön zu Fuß auf eine Veranstaltung zu gehen. Nicht nach Köln, sondern hier wo die Leute wohnen. Man geht zu seinem Italiener, zu seinem Adventsmarkt, zu seinem Sommerfest, wenn es qualitativ gut ist.
Ströhmer: Das Besondere war auch, dass sich viele Menschen kannten, die wir nicht kannten. Da war ich so überrascht. Dieser Impuls war Identitätsstiftend. Man hat sich da schon wie ein Mülheimer gefühlt. Denn es waren nur Mülheimer um einen herum. Und alle waren im Austausch.
An Ihrer Begeisterung erkenne ich, dass wir uns 2012 auf einen zweiten Adventsmarkt freuen dürfen. Sehe ich das richtig?
Goldammer: Ja diesen Adventsmarkt kann man wegen der kurzen Vorbereitungszeit als eine Art Generalprobe verstehen.
Ströhmer: Dieses Jahr haben wir wirklich die Möglichkeit aufgrund der langen Planungszeit das Ganze solider auf die Beine zu stellen. Wir wollen unsere Leistungsfähigkeit, unsere Kraft und Kreativität für den Stadtteil einsetzen. Wir sind begrenzt auf unsere Aktivität und wollen Impulse setzen. Ich denke dabei, wenn sich ein Adventsmarkt an dieser Stelle unter caritativem Zweck etabliert, kann er zur Tradition werden.
Wie soll es konkret mit der IG Mülheimer für Mülheim weitergehen?
Ströhmer: Wir wollen dieser IG eine Organisationsform zu Grunde legen, die uns dazu befähigt, dass wir rechtlich auftreten und dass wir eine Transparenz herstellen. Das heißt, wir wollen in Zukunft als gemeinnütziger Verein auftreten. Die Helfer haben uns ja auch sehr viel Vertrauen entgegengebracht. Wofür wir sehr dankbar sind. Wir wollen verantwortungsbewusst mit unserer Aufgabe umgehen.
Auf welcher Grundlage wollen Sie sich verbessern?
Ströhmer: Uns sind Dinge aufgefallen, die wir im nächsten Jahr besser machen wollen. Hierfür haben wir auch eine Umfrage bei den Besuchern gestartet. Es ist uns ein Anliegen, zu fragen, was die Mülheimer wollen und was sie vermissen. Das Fernziel ist, dass wir das Mülheimer Brauchtum unterstützen wollen und vielleicht auch mit neuen Angeboten und Impulsen bereichern. Wir haben schon den Eindruck, dass es nicht langweilig wird. (lacht)
Nun bleibt noch die Frage offen, WANN findet der 2. Caritative Mülheimer Adventsmarkt statt?
Ströhmer, Goldammer, Lennartz: Er findet wieder am 3. Adventwochenende statt. Das sind der 15. & der 16. Dezember 2012.
Wir freuen uns sehr darauf und wünschen Ihnen viel Erfolg und Glück dafür!
Vielen Dank für das interessante Gespräch!
Ilka Baum für www.koeln-insight.com
Bilder:
oben: Scheckübergabe an das August Bebel Haus von links: Peter Ströhmer, Kurt Lennartz, Bruno Goldammer, Udo Thiel (Leiter August Bebel Haus), Murat Sava (2. Vors. des Fördervereins Rhein-OT) (c) IG Mülheimer für Mülheim
2. v.o. Kinderkarusell und Strohballen (c) IG Mülheimer für Mülheim
2. v.u. Auf dem Adventsmarkt (c) IG Mülheimer für Mülheim
unten: Sonnenuntergang über dem Dom (c) IG Mülheimer für Mülheim