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Wie lebt es sich mit Typ-1-Diabetes?

TH KölnTH Köln veröffentlicht Studie zum Umgang mit technischen Hilfsmitteln

Rund 370.000 Menschen leiden in Deutschland an Typ-1-Diabetes – doch über ihre Lebenssituation und ihren Umgang mit der Krankheit ist bisher wenig bekannt. Prof. Dr. Matthias Fank vom Institut für Informationswissenschaft der TH Köln hat jetzt in einer Studie mit 1.025 Teilnehmenden insbesondere den Einsatz von technischen Hilfsmitteln und die Wünsche der Betroffenen untersucht.

„Typ-1-Diabetiker*innen stehen umfangreiche technische Möglichkeiten zum Management der Erkrankung zur Verfügung und sie nutzen diese auch. So verwenden 94 Prozent der Befragten ein Gerät zur kontinuierlichen Gewebezuckermessung (CGM), 71 Prozent ein Blutzuckermessgerät und 60 Prozent eine Insulinpumpe. Auch der parallele Einsatz von vier Apps für die verschiedenen Aspekte des Diabetes-Managements ist keine Seltenheit“, erläutert Fank.

Eigentlich wollen viele Betroffene so wenig Zeit wie möglich mit dem Diabetes-Management per App verbringen – 30 Prozent stimmen dieser Aussage zu. „Allerdings ist Diabetes eine komplexe Erkrankung, die von den Patient*innen viele Entscheidungen erfordert: Wie viele Kohlenhydrate enthält mein Essen? Treibe ich Sport? Wie viel Insulin befindet sich noch in meinem Körper? Muss ich spritzen? Kein Wunder also, dass so viele Apps verwendet werden und nur rund neun Prozent der Befragten ganz auf diese Art der Unterstützung verzichten“, so Fank.

Unzufriedenheit mit bestehenden Angeboten


Trotz des weit verbreiteten Einsatzes von Apps ist die Unzufriedenheit mit dem bestehenden Angebot groß: Nur zwei Prozent der Befragten glauben, dass es bereits eine optimale App gibt. Gewünscht wird ein Angebot, das Blutzucker, Kohlenhydrate, Insulin, Gewicht und Bewegung integriert (65 Prozent stimmen dem zu), bei der Darstellung und Auswertung anpassbar ist (63 Prozent), Tipps und Hinweise auf Basis der eigenen Werte gibt (57 Prozent) und herstellerunabhängig ist (54 Prozent).

„Eine App, die möglichst viele diabetesrelevante Faktoren miteinander in Beziehung setzt und etwa den Verlauf des Glukosewerts in einer Übersicht mit den eingenommenen Mahlzeiten und den sportlichen Aktivitäten koppelt – daraus kann ich ganz andere Schlüsse ziehen, als wenn ich das aufgrund von nicht kompatiblen Apps im Kopf machen muss“, sagt Fank. Der Wunsch nach einer herstellerunabhängigen App wird vor allem mit den Schwierigkeiten beim Anbieterwechsel begründet. „Jeder Hersteller ist Herr über die in seinen Systemen gespeicherten Daten.
Patient*innen können diese bei einem Anbieterwechsel nicht in elektronischer Form übernehmen. Wer umsteigen möchte, verliert also alle Informationen über den Krankheitsverlauf, die unter Umständen über Jahre angesammelt wurden. Hier wäre es wünschenswert, dass der Gesetzgeber die Datenhoheit wieder in die Hände der Patient*innen legt“, so Fank.

Ergebnisse bilden Grundlage für Folgeuntersuchungen

Dass sich in kurzer Zeit mehr als 1.000 Menschen an der Umfrage beteiligt haben, wertet Fank als Zeichen für die große Bereitschaft der Betroffenen, sich mit ihrer Erkrankung auseinanderzusetzen. „Wir sollten dies nutzen, um in weiteren Studien die Patient*innen in den Mittelpunkt der Betrachtung zu stellen und beispielsweise untersuchen, wie neue Technologien wie das CGM-System oder die Insulinpumpe im Alltag eingesetzt werden“, sagt Fank.

Die Studie „Informationsverhalten von Menschen mit Typ-1-Diabetes in Deutschland“ wurde von Prof. Dr. Matthias Fank, der selbst von der Krankheit betroffen ist, im Rahmen eines Forschungsfreisemesters erhoben. Dafür führte er zunächst acht qualitative Expert*inneninterviews mit Patient*innen und einem Diabetes-Arzt durch. Auf dieser Basis entstand ein Online-Fragebogen mit 25 Fragen, den insgesamt 1.025 Personen mit Typ-1-Diabetes vollständig ausfüllten. Die Teilnahme wurde auf öffentlichen Plattformen beworben. Es handelt sich somit um eine Selbstselektionsstichprobe, die nicht als repräsentativ bezeichnet werden kann.

Quelle: www.th-koeln.de