Verloren im Baumarkt

regina-nussbaumEs gibt Orte in dieser Welt, wo ich mich stets verloren, überflüssig und äußerst fehl am Platz fühle. Ein solcher Ort ist für mich ein Baumarkt. Bereits auf dem Parkplatz spüre ich eine gewisse Anspannung in mir aufsteigen. Ich manipuliere meine aufkommende schlechte Laune auf dem Weg zu den Einkaufswagen mit klassischer Musik, wahlweise Beethoven oder Puccini, die mir laut vom I-Pod ins Ohr dröhnt. So ausgerüstet, bin ich kurzfristig beflügelt, was mir bei der Auswahl eines Einkaufswagens enorm weiter hilft. Erstaunt sehe ich mich um und betrachte die Gestalten in meiner Nähe. Einige schreiten aufrecht und fast heroisch Richtung Eingang. Sie haben wohl all die tollen Werbespots für Heimwerker auswendig gelernt und fühlen sich als aktive Heimwerker auf der Jagd. Andere gehen mit ihren ganzen Familien dort hin, vielleicht ist die frühe Konditionierung bei diesem Thema besonders wichtig. Ich bin vorbereitet und hole meine Einkaufsliste aus meiner Jeans hervor. Das ist ja nicht viel: Schrauben, Seilspann-Garnitur für Vorhänge, Energie-Sparlampen und vielleicht noch eine Blume. Da bin ich schnell wieder raus. Ratlos gehe ich an einigen Regalen entlang und bemerke einen tranceartigen Zustand der Desorientierung, der sich bei mir breit macht. So geht das nicht! Ich brauche dringende kompetente Unterstützung. Kein Mitarbeiter am Info-Stand? So kommen die mir nicht davon. Ich greife mir den nächsten Mitarbeiter, den ich sehe, lasse mich weder von seinem beschäftigten Eindruck, noch von der genervten Mimik abschrecken und nötige ihn durch mein charmantestes Lächeln mir sofort zu verraten, wo dieses Aufhänge-Seil zu finden ist. Kaum bin ich da, dauert mein Triumpf, die Fallstricke des Baumarkts dieses Mal elegant ausgetrickst zu haben, ganze 20 Sekunden. Denn mir fällt ein, dass ich ja noch Rigips-Schrauben brauche, bei meinen komplizierten Wänden. Wo sind die denn jetzt? Noch zwei Mal gefragt, dann stehe ich tatsächlich vor den passenden Schrauben. Wieso gibt es davon so viele Sorten? Und wieso muss ich jetzt 200 oder 400 Stück kaufen, wo ich nur 4 Stück brauche? Was soll ich mit dem Rest anfangen? Mir reicht es. Schnell lauf ich zur Kasse, will nur noch nach Hause. Keine weitere Sekunde verbringe ich hier mehr. Aber wer bringt mir den Vorhang an?

Regina Nußbaum