Abstand zum Werk

regina-nussbaumZu viel ist nun mal einfach zu viel. Irgendein Handy klingelt immer, der Fernseher überschwemmt uns mit gnadenlosem Material von irgendwo, wo wir niemals waren und auch nie hinwollen. Wir sind umzingelt von Informationen, Eindrücken und haben dennoch oft das Gefühl, wir könnten etwas verpassen. Menschliches Dasein in Zeiten der Globalisierung und medialen Überfrachtung ist zeitweise anstrengend und irritierend. Wo ist die Stille? Wo bleibt der private Rückzug zur Regeneration? Bin ich ein schlechter Mensch, wenn mich die politische Schieflage eines Landes, das ich gar nicht kenne, kalt lässt und ich lieber in meinem Garten arbeite?

Gelassenheit dem Leben an sich und anderen Menschen gegenüber braucht Muße für uns selbst. Wenn ich meine Ruhe haben will, stelle ich mein Handy aus. Ganz einfach. Jemand, der das nicht nachvollziehen kann, möge mich einfach nicht mehr anrufen. Nun gibt es die Wald- und Wiesenberater, die immer für alles eine gute Idee, schlimmer noch, einen Ratschlag haben. Und es gibt Situationskomik, wo der Ansatz Abstand zum Werk als markantes Beispiel über Jahrzehnte in Erinnerung bleibt. Genau so geht’s auch:

Meine Mutter fuhr mit ihren drei Töchtern zum Ballettunterricht. Mitten im Feierabendverkehr blieb auf einer belebten Kreuzung in der Kasseler Innenstadt ihr Auto, ein weißer VW Käfer, liegen. Er sprang einfach nicht mehr an. Die Autos hinter ihr hupten zornig. Da sprang meine Mutter beherzt aus ihrem Auto. Sie ging geradewegs auf den Wagen ihres Hintermannes zu und sagte lächelnd Folgendes zu ihm: „Versuchen Sie doch einfach mein Auto an zu lassen, ich hupe inzwischen für Sie hier weiter“. Abstand zum Werk kann viel Spaß machen.

Regina Nußbaum