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Sacharow-Preis: Amnesty International gratuliert Alexej Nawalny

amnesty logoBERLIN, 20.10.2021 – Der diesjährige "Sacharow-Preis für geistige Freiheit" des Europäischen Parlaments geht an den inhaftierten russischen Oppositionspolitiker Alexej Nawalny. Amnesty International gratuliert Alexej Nawalny zur Auszeichnung.
 
Katharina Masoud, Expertin für Europa und Zentralasien bei Amnesty International in Deutschland, sagt: „Wir hoffen, dass die mit dem Preis verbundene Aufmerksamkeit den Druck auf die russischen Behörden erhöht, der rechtswidrigen juristischen Verfolgung und Inhaftierung von Alexej Nawalny rasch ein Ende zu setzen. Nawalny ist ein gewaltloser politischer Gefangener, der allein wegen der Ausübung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung im Gefängnis ist. Die Auszeichnung für ihn steht stellvertretend für so viele weitere, die wegen der Ausübung ihrer Menschenrechte Repressalien erfahren.“
 
Amnesty International setzt sich seit seiner Inhaftierung im Januar dieses Jahres für die Freilassung Nawalnys ein. Obwohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und andere internationale Gremien seine Inhaftierung als rechtswidrig einstufen, weigern sich die russischen Behörden ihn freizulassen.
 
„Bei aller Freude über die Würdigung mit dem Sacharow-Preis bleibt die internationale Gemeinschaft gefordert, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um die rechtswidrige Inhaftierung von Alexej Nawalny zu beenden und die ausufernde Repressionskampagne der russischen Behörden gegen kritische Stimmen zu stoppen", sagt Masoud.
 
Hintergrund
 
Alexej Nawalny ist ein russischer Oppositionspolitiker und Antikorruptionsaktivist. Im Jahr 2011 gründete er eine Stiftung zur Korruptionsbekämpfung (FBK), die bereits zahlreiche Berichte über mutmaßliche Korruption unter hochrangigen russischen Regierungsangehörigen sowie Politiker_innen und Geschäftsleuten veröffentlicht hat. Für diese Arbeit sind Nawalny und andere FBK-Angestellte und -Unterstützer_innen in der Vergangenheit gezielt schikaniert worden, z. B. durch konstruierte Straf- und Verwaltungsanklagen, polizeiliche Durchsuchungen, tätliche Gewalt und selektiven Einzug zum Wehrdienst.
 
Nawalny wurde 2014 politisch motivierter Betrugsanklagen für schuldig befunden und zu dreieinhalb Jahren auf Bewährung verurteilt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) entschied 2019, dass die Strafverfolgung von Nawalny politisch motiviert war und sein Hausarrest vor dem Verfahren als willkürlich zu betrachten ist.
 
Am 20. August 2020 wurde Nawalny auf einem Flug von Tomsk (in Sibirien) nach Moskau schwer krank. Am 22. August wurde er in kritischem Zustand zur Behandlung nach Deutschland evakuiert, wo er sich danach zur Genesung aufhielt. Im März 2021 urteilten die Sonderberichterstatterinnen der Vereinten Nationen für außergerichtliche Tötungen und Redefreiheit in einem von ihnen vorgelegten Bericht, dass es aufgrund der Beweislage "sehr wahrscheinlich" sei, dass hochrangige russische Offizielle in das Verbrechen involviert seien. Bereits im Oktober 2020 hatte die Organisation für das Verbot chemischer Waffen bestätigt, dass Nawalny mit einem Nervenkampfstoff der Nowitschok-Gruppe vergiftet worden war.
 
Die russischen Behörden haben keine zielführende Untersuchung eingeleitet und eindeutige Beweise dafür ignoriert, dass Agent_innen des russischen Geheimdienstes an der Vergiftung beteiligt waren. Versuche der Anwält_innen Nawalnys, die Behörden gerichtlich zu Ermittlungen zu zwingen, sind erfolglos geblieben.
 
Nach seiner Rückkehr nach Moskau am 17. Januar 2021 wurde Nawalny festgenommen und wegen Verstoßes gegen die Bewährungsauflagen des früheren, politisch motivierten Schuldspruchs zu zweieinhalb Jahren Haft in einer Strafkolonie verurteilt. Die Antikorruptionsstiftung und das Unterstützungsnetzwerk "Nawalny-Zentrale" wurden als "extremistisch" eingestuft und verboten. Am 11. August 2021 wurde Nawalny zusätzlich unter einem Paragrafen des russischen Strafgesetzbuchs wegen "Gründung einer gemeinnützigen Organisation, die die Rechte der Bürger_innen untergräbt" angeklagt. Im Falle einer Verurteilung droht ihm eine zusätzliche Gefängnisstrafe von bis zu drei Jahren.

Quelle: www.amnesty.de