Katzentisch
„Literatur in den Häusern der Stadt“ hat begonnen. Ein erfolgreiches Literatur-Festival wiederholt sich in diesem Jahr zum 12. Mal mit einem Auftakt am Dienstag dieser Woche im Kunstsalon in der Brühler Straße.
Gelesen wurde aus „Katzentisch“, dem neuen, im Februar dieses Jahres in deutscher Sprache erschienenem Buch von Michael Ondaatje (Der englische Patient).
Für über 100 Besucher mussten noch zusätzliche Stühle aufgestellt werden. Innerhalb von 20 Minuten hatte sich der Saal des Kunstsalons in der Brühler Straße angefüllt mit erwartungsfreudigen Literatur-Begeisterten und einem dementsprechenden Geräuschpegel.
Pünktlich um 20.00 Uhr wird das Publikum vom Vorsitzenden des Kunstsalons, Dr. Peter Bach, begrüßt. Während einer kurzen Eröffnungsansprache geht ein besonderer Dank an die Leiterin des Festivals, Frau Bousset. Dann wird der Vorleser dieses Festivalabends angekündigt. Er tritt auf die Bühne und die ganze gespannte Aufmerksamkeit im Saal richtet sich auf ihn.
Christian Brückner ist es, der ausgewählt wurde und uns nun eineinhalb Stunden ununterbrochen aus dem Werk Ondaatjes vorliest. Zugegeben, ich kannte ihn nicht; doch schon nach kurzem Zuhören waren die Virtuosität der Worte und deren Vortrag zu einem Ganzen verschmolzen und ich dachte, für diesen Text gibt es keinen besseren Vorleser.
Christian Brückner vermochte es, die Zuhörer zu bannen. In den darauffolgenden ca. 85 Minuten werden die Zuhörer zu Zeugen des Geschehens auf dem Schiff, dass von Ceylon nach England unterwegs ist. Eine bunt gemischte Gesellschaft, die da aus den Erinnerungen des Erzählers erlebbar gemacht wird. Als Junge, im Begriff ein Teenager zu werden, hatte er damals vor vielen Jahren für die Dauer der Überfahrt den Katzentisch mit anderen Außenseitern geteilt. Die Schilderung seiner Erlebnisse wird zu einem „ Panoptikum des Lebens“ in diesem Rückblick. Figuren und Begebenheiten werden detailliert beschrieben und wer die Fabulierkunst von Michael Ondaatje zu schätzen weiß kommt voll auf seine Kosten. Wie die Geschichte weitergeht, bleibt spannend. In Kritiken las ich unter anderem, dass es noch eine große Wende gibt.
Gestehen muss ich, dass ich mich gewundert habe, wie ich die ganze Zeit ohne Pause auf einem kleinen dazu gestellten Klappstuhl sitzend aufmerksam zuhören konnte. Das, so denke ich, war der gelungenen Kombination eines außergewöhnlich guten Vorlesers mit dem Werk eines außergewöhnlich virtuos schreibenden Schriftstellers zu danken. Aus Text und Vortrag war die Leidenschaft wahr zu nehmen, die solche Kunst erschafft.
Der Abend endete dann mit entsprechendem Applaus und einem geselligen Ausklang. Schätzungsweise ein Drittel der Teilnehmer ließen Erlebtes an der Bar und extra aufgestellten Tischchen lebhaft kommunizierend sacken. Die sehr wohlschmeckenden kleinen Snacks, die der Gastgeber, in diesem Fall der Kunstsalon, der Gesellschaft servierte, waren zur Abrundung des Abends sehr willkommen.
Ich bin gespannt auf das nächste Vorlese-Erlebnis, mit dem es in dieser Woche weitergeht und hoffe, dem Leser Lust auf einen dieser Literaturabende gemacht zu haben. Ich jedenfalls nehme den Eindruck mit, dass auch der nächste Gastgeber den Rahmen für ein schönes Literaturerlebnis schaffen wird. Ich verlasse mich da ganz auf den Kunstsalon, seine Organisation und Auswahl.
Informationen unter www.Kunstsalon.de.
Ein Blick auf diese Seite lohnt sich. Die Literatur ist nur eines der Kunst-Segmente, die alljährlich zum Programm des Kunstsalons gehören.
Gelesen wird übrigens durch die Autoren selbst oder durch Schauspieler.
Donnerstag, 14. Juni 2012
Gudrun Schwichtenberg