300.000 EU-Bürger:innen appellieren an Umweltministerin Lemke: Gene Drives stoppen!

umweltBerlin, 31. Mai 2022. Knapp 300.000 Bürger:innen der Europäischen Union fordern, die ersten Freiland-Experimente mit gentechnisch veränderten Gene-Drive-Organismen durch ein globales Moratorium zu unterbinden. Die in der europäischen „Stop Gene Drive“-Kampagne organisierten Verbände Save Our Seeds, die Aurelia Stiftung und das Umweltinstitut München haben heute in Berlin eine entsprechende Petition an Umweltministerin Steffi Lemke übergeben. Mit dem Gentechnikverfahren Gene Drive könnten zukünftig wildlebende Arten manipuliert oder sogar ganz ausgerottet werden – mit nicht absehbaren Folgen für die Ökosysteme.

Gene Drives werden mit Hilfe des neuen Gentechnikverfahrens CRISPR-Cas hergestellt. Sie können ganze Populationen von Tieren und Pflanzen in der Natur gentechnisch verändern oder auch ausrotten. Der sogenannte Gene Drive setzt Grundprinzipien der Evolution außer Kraft und erzwingt die Vererbung einer genetischen Eigenschaft an sämtliche Nachkommen. Damit wird eine gentechnische Kettenreaktion ausgelöst, die erst dann aufhört, wenn alle Individuen der betroffenen Tier- oder Pflanzenart diese gentechnische Veränderung in sich tragen - oder aber ausgerottet worden sind. Damit sollen zum Beispiel krankheitsübertragende Insekten, invasive Arten oder so genannte Ernteschädlinge in der industriellen Landwirtschaft bekämpft werden.

Getestet wurden Gene Drives bislang ausschließlich im Labor. Nun möchte das Forschungskonsortium ‚Target Malaria‘ im westafrikanischen Burkina Faso erstmals Gene Drives in die Natur freisetzen. Das Ziel: Eine Malaria übertragende Mückenart soll ausgerottet werden. Doch was vielversprechend klingt, birgt enorme Risiken: Einmal in die Natur freigesetzt, können Gene Drives weder zurückgeholt werden noch ihre weitere Entwicklung und Ausbreitung kontrolliert werden. Wenn sich Gene-Drive-Organismen ausbreiten, könnten sie das ohnehin rasende Artensterben noch weiter beschleunigen.

Bei der Übergabeaktion mit Umweltministerin Lemke auf dem Leipziger Platz in Berlin stellte eine Installation aus riesigen kippenden Dominosteinen anschaulich die Risiken dar, die das Gene-Drive-Verfahren birgt. „Eine durch Gene-Drive-Organismen ausgelöste gentechnische Kettenreaktion könnte ganze Ökosysteme destabilisieren und im Extremfall kollabieren lassen. Jede Gene Drive-Freisetzung - und sei es „nur“ zu Versuchszwecken - kann unabsehbare und irreversible Folgen für die durch Klima­wandel und Insektensterben geschwächten Bestäuber- und Nahrungsnetze haben. Wir brauchen dringend ein weltweites Gene-Drive-Moratorium!“ warnt Bernd Rodekohr, Projektleiter „Schützt die Biene vor Gentechnik“ bei der Aurelia Stiftung.

„Gene-Drive-Organismen kennen grundsätzlich keine Grenzen und können sich weltweit ausbreiten,“ sagt die Koordinatorin der Stop-Gene-Drive-Kampagne von SOS, Mareike Imken. „Bisher verfügt die Weltgemeinschaft weder über ausreichendes Wissen noch über verbindliche internationale Vereinbarungen, nach denen ein derart fundamentaler, unumkehrbarer Eingriff in die Natur geregelt werden kann.“

Der mögliche Einsatz von Gene Drives steht auf der Tagesordnung der 15. Vertragsstaatenkonferenz der Vereinten Nationen zum Schutz der Artenvielfalt (UN CBD), die im Herbst in China geplant ist. Die Umweltminister:innen der EU legen ihre gemeinsame Position dazu im Juni fest.

Sophia Guttenberger, Referentin für Landwirtschaft und Gentechnik am Umweltinstitut fordert: „Anstatt durch die gentechnische Veränderung wildlebender Arten russisches Roulette mit der Evolution zu spielen, müssen wir das bereits jetzt rasende Artensterben endlich stoppen, indem wir die Widerstandfähigkeit unserer Ökosysteme stärken und aufhören, sie überall auf der Erde zu zerstören.“

Umweltministerin Steffi Lemke sagte bei der Petitionsübergabe: „Ich glaube, dass sich die Menschheit und auch die Wissenschaft mit Gene Drives überschätzen würde. Deshalb werde ich beim Ministerrat im Juni natürlich versuchen eine Position zu erreichen, die sich am europäischen Vorsorgeprinzip orientiert.“

Hintergrund:

Die Gene-Drive-Technologie nutzt gentechnische Methoden wie die ‚Genschere‘ CRISPR/Cas, um bestimmte Eigenschaften in wildlebende Tier- und Pflanzenpopulation einzuführen. Werden dabei Gene, die z.B. Fruchtbarkeit oder Geschlecht beeinflussen manipuliert, können ganze Populationen ausgerottet werden. Gene Drives könnten aber auch sogenannte landwirtschaftliche Schädlinge für chemische oder biologische Substanzen anfällig machen oder andere Eigenschaften verändern. Dazu wird sowohl die neue Eigenschaft als auch der gentechnische Mechanismus (CRISPR/Cas) weitervererbt. So setzt sich die gentechnische Manipulation selbstständig in der Natur fort. Diese „gentechnische Kettenreaktion“ bewirkt, dass sämtliche Nachkommen die gewünschte Eigenschaft erben, bis die gesamte Population oder Art gentechnisch verändert oder ausgerottet ist.

Seit 2018 wird die Regulierung von Gene Drives im Rahmen der UN Biodiversitätskonvention (UN CBD) kontrovers diskutiert. Auf der letzten Vertragsstaatenkonferenz in Sharm el Sheik wurden einige erste vorsorgeorientierte Bedingungen für eine Freisetzung empfohlen. Doch viele Fragen bleiben unbeantwortet – darunter vor allem, wie und von wem angesichts einer grenzüberschreitenden Ausbreitung und unvorhersehbarer ökologischer, gesundheitlicher, wirtschaftlicher und sozialer Folgen die Entscheidung über eine Freisetzung von Gene Drive Organismen getroffen werden müsste. Die bestehenden Verfahren im Rahmen des international verbindlichen Cartagena-Protokolls der CBD über die biologische Sicherheit regeln bislang nur den beabsichtigten Transfer von gentechnisch veränderten Organismen (z.B. Saatgut) als Produkte über einzelnen Grenze hinweg. Gene-Drive-Organismen sind dagegen keine Produkte und verbreiten sich selbständig in allen Regionen, in denen der betroffene Organismus gegenwärtig oder zukünftig vorkommt. Insofern müssten alle potenziell betroffenen Länder im Voraus ihre Zustimmung zu einer Freisetzung geben. Aktuell stehen bei den Verhandlungen im Rahmen der UN Biodiversitätskonvention jedoch lediglich internationale Leitlinien zur Risikobewertung von Gene-Drive-Organismen und ein genereller Prozess zur Technikfolgenabschätzung von neuen biotechnologischen Verfahren auf der Tagesordnung. In dem geplanten neuen Rahmenabkommen zum Schutz der Biodiversität befasst sich dessen Ziel 17 mit der Abwendung von Biodiversitätsschäden aufgrund des Einsatzes von Biotechnologien.

Quelle: www.umweltinstitut.org

Diesen Beitrag teilen, das Unterstützt uns, DANKE !

FacebookVZJappyDeliciousMister WongXingTwitterLinkedInPinterestDiggGoogle Plus

weitere Beiträge

Mega-Herz Kurse

"Yoga im Alter" in Köln - Buchforst /


Alexander20Meyen20PortraitneuYoga ist für ältere Menschen ein grosses Geschenk. Wer in seinen späteren Lebensjahren Yoga praktiziert, gewinnt nicht nur Gesundheit und Zufriedenheit, sondern auch einen frischen Geist, denn der Yoga öffnet den Blick für das Leben. Man kann nach...


weiterlesen...

Die c/o pop löst üblichen


Moods 30423christianhedel 0793Auch 2024 nutzt die c/o pop für ihre Programmpunkte wieder besondere Locations wie eine Sparkassenfiliale oder eine Bahn der KVB +++ Secret Gig am Donnerstag und weitere Überraschungen +++ Aktivitäten wie Übernachten im Artheater, Bagger-Fahren od...


weiterlesen...

Eis essen und Müll sparen -


ReCiclo MehrwegbecherBergheim, 10. April 2024. Laut einer Untersuchung im Auftrag des WWF wurden im Jahr 2023 etwa 14,6 Milliarden Einwegverpackungen in Deutschland vertrieben. Der Mehrweganteil betrug nur 1,6 Prozent. Wie es anders geht, zeigt der Spezialist für Eisb...


weiterlesen...

Parookaville-Headliner mit weiteren


3 PV24 Line Up so far 1zu1 v1 r2 2Vom 19. Juli bis 21. Juli 2024 öffnet PAROOKAVILLE seine Stadttore, um mit 225.000 Citizens zum
achten Mal »Wahnsinn, Liebe und pure Glückseligkeit« zu feiern. Wenige Monate vor Eröffnung
schließen die Veranstalter das Booking für die diesjährige E...


weiterlesen...

Stadtbahnanbindung Mülheimer Süden


69 grafik stadtbahnanbindung mülheim südErweiterter Planungsbeschluss für die neue Trasse im Mülheimer Süden

Der Mülheimer Süden soll zwischen Messekreisel und Bergischer Ring über die Deutz-Mülheimer Straße und die Danzierstraße an das Stadtbahnnetz angebunden werden. Die Verwaltung le...


weiterlesen...

Atemberaubender Saisonauftakt der NIGHT


Luc Ackermann NOTJ Munchen 2024 3N3A1383 webÜber 9.000 Besucher in der Olympiahalle München erlebten am Samstag ein Extremsportspektakel par excellence. Vor ausverkaufter Kulisse feierte die NIGHT of the JUMPs den gigantischen Auftakt in die Saison 2024. Mit dabei die beiden FMX Weltmeister...


weiterlesen...
@2022 lebeART / MC-proMedia
toTop

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.