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Taxonomie: Protest gegen Greenwashing vor den Kommissionsvertretungen in München, Berlin und Bonn

umweltMünchen, 2. Februar 2022. Vor den Vertretungen der EU-Kommission in München, Berlin und Bonn finden am Mittwoch spontane Protestaktionen statt, nachdem diese Investitionen in Gas- und Atomkraftwerke als „nachhaltig“ eingestuft hat. Die Kriterien für Investitionen in Gas wurden zwar nochmals überarbeitet, doch Umweltorganisationen bewerten das Ergebnis nach wie vor als enttäuschend und erheben den Vorwurf des Greenwashings. Sie fordern die deutsche Bundesregierung auf, vor dem Europäischen Gerichtshof zu klagen.

Das Umweltinstitut München sowie die Klimaschutzbewegungen Fridays for Future und Parents for Future kritisieren, dass durch die Einstufung als „grüne Technologien“ Finanzmittel in Atom- und Gaskraftwerke fließen, die eigentlich für die Transformation zu einer nachhaltigen, regenerativen Energiegewinnung gedacht sind und nun dort fehlen.

Doch noch kann diese Entscheidung gekippt werden. Das EU-Parlament kann innerhalb von vier bis sechs Monaten sein Veto einlegen. Die Protestierenden fordern die Abgeordneten in Straßburg auf, dem Greenwashing in der EU-Taxonomie ein Ende zu bereiten und sich für eine glaubwürdige Definition von Nachhaltigkeit einzusetzen. Auch einzelne EU-Mitgliedstaaten haben noch die Möglichkeit, den Vorschlag der Kommission zu stoppen: Sie können vor dem Europäischen Gerichtshof Klage einreichen. Österreich und Luxemburg haben bereits angekündigt, den Klageweg zu beschreiten. Die Protestierenden fordern die Bundesregierung dazu auf, sich diesen Ländern anzuschließen und ebenfalls zu klagen.

Durch eine entsprechende Klage muss auch geklärt werden, ob die EU-Kommission überhaupt dazu befugt ist, eine so weit reichende Entscheidung wie die Aufnahme von Gas- und Atomkraft in die Taxonomie als „delegierten Rechtsakt“ zu beschließen. Expert:innen für EU-Recht hatten hieran zuletzt erhebliche Zweifel angemeldet. Sie verweisen darauf, dass unter Umständen ein ordentliches Gesetzgebungsverfahren unter Einschluss des EU-Parlaments notwendig ist.

„Die Erkenntnisse der Klimawissenschaft werden seit Jahrzehnten von der Politik ignoriert. Auch die Sonderbehandlung von Gas- und Atomkraft ist ein politischer Kuhhandel zugunsten der fossilen Lobby, der den wissenschaftsbasierten Kriterien der eigens von der Kommission eingesetzten technischen Expert:innengruppe widerspricht. Heftige Kritik am Greenwashing von Gas und Atom kommt daher auch vom Beratungsgremium der EU, der „Platform on sustainable finance“, sagt Hauke Doerk vom Umweltinstitut München.

„Durch ein Öko-Label der EU für fossiles Gas und Atomkraft kommt es unweigerlich zu massiven, folgenschweren Fehlinvestitionen in überholte und folglich nicht zukunftsfähige Technologien. Die politisch Verantwortlichen müssen endlich den umfassenden Ausbau der erneuerbaren Energien vorantreiben und dies mit Hilfe von finanziellen Anreizsystemen für die Bürger:innen umsetzen", erklärt Ulf Stadler von den Parents4Future München.

„Das ursprüngliche Ziel der Taxonomie war es, Greenwashing zu verhindern, jetzt führt sie aber zum genauen Gegenteil. Das Greenwashing von Gas und Atom untergräbt die Glaubwürdigkeit des Europäischen Green Deal. Die Kommission hat es gründlich vermasselt. Nun muss das EU-Parlament einspringen und ein Veto einlegen, um die Taxonomie zu retten“, so Kilian Wilhelm von Fridays for Future München.

Vor allen Büros der EU-Kommission in Deutschland sind heute Protestaktionen angemeldet. In München beginnt die Aktion um 13:30 Uhr am Bob-van-Benthem Platz 1, vor der Kommissionsvertretung.

Quelle: www.umweltinstitut.org